Die Vielschichtigkeit der Porzellanmalerei
#Farbenspiel

  • Jedes Stück Porzellan ist ein komplexes, vielschichtiges Kunstwerk. Von der Rohstoffzusammensetzung, über die Formgebung bis hin zum Bemalen, Brennen und Glasieren vereint das Porzellanhandwerk Kreativität, Leidenschaft und jahrhundertelange Erfahrung. Es ist die harmonische Komposition aus allen Teilaspekten, die jedes Porzellanstück zu einem Gesamtkunstwerk macht. Und jeder Produktionsschritt hat wiederum auch für sich seine eigene Komplexität und Geschichte. Hätten Sie zum Beispiel gewusst, dass jede Porzellanmalerei aus bis zu 5 verschiedenen Ebenen besteht?

    Wenn Farbe auf Porzellan trifft, dann muss die Chemie stimmen. Denn, wenn das Porzellan die verschiedenen Brände durchläuft, dann sind auch die Farben, bestehend aus farbgebenden Metalloxiden und verbindenden Flussmitteln, den Temperaturen von bis zu 1500 °C ausgesetzt. Diese müssen also eine chemische Zusammensetzung aufweisen, mit der sie bei solch hohen Temperaturen zum Schluss dem gewünschten optischen Erscheinungsbild entsprechen und eine langlebige Verbindung mit dem Grundstoff Porzellan eingegangen sind.

    Neben der Chemie muss dabei auch das Timing genau passen. Porzellan durchläuft in seiner Herstellung mindestens zwei Brennvorgängen bei unterschiedlichen Temperaturen. Zum einen den Glühbrand bei bis zu 950 °C, der aus dem geformten Grundmaterial einen verfestigten sogenannten „Scherben“ brennt, der porös und saugfähig ist. Und als Zweites den Glattbrand – Nach dem Eintauchen des Scherbens in eine dünnflüssige Glasur erfolgt ein Brand bei bis zu 1450 °C, der dem Porzellan seine glatte, glänzende und sich im Licht spiegelnde Fläche verleiht. Je nach Dekor folgen bis zu drei zusätzliche Brände bei unterschiedlichen Temperaturen. Nach jedem Brand ist die Beschaffenheit und damit die Möglichkeit zur Aufbringung der Farbe anders.




„Farbe ist eine Kraft, die die Seele direkt beeinflusst.“
Wassily Kandinsky.
  • In Folge dieser Grundlagen haben sich drei verschiedene Genres der Porzellanmalerei herauskristallisiert: Unterglasur-, Inglasur- und Aufglasurmalerei.

    Die Unterglasurmalerei wird nach dem ersten Brand und vor dem Eintauchen in die Glasur auf den Scherben aufgetragen. Dabei ist höchste Konzentration gefragt – denn jeder noch so kleine Tropfen Farbe zeiht sofort in das poröse Material ein. Dennoch eignet sich die Unterglasurmalerei besonders gut für filigrane Motive und feine Linien. So auch das kobaltblaue Zwiebelmuster, das seit seiner Entwicklung im Jahre 1739 zu den berühmtesten Dekoren weltweit zählt.

    Bei der Inglasurmalerei finden die Farben ihren Weg nach dem zweiten Brand, also dem Glattbrand, auf das Porzellan. Die Farbe sinkt durch den erneuten Brand bei Temperaturen um die bis zu 1500 °C in die Glasur und in den Werkstoff ein und durchdringt diesen großflächig. Entsprechend ist diese Technik für weite Flächen und Hintergründe bestens geeignet.

    Die Aufglasurmalerei erfolgt im nächsten Schritt auf die glatt gebrannte, ausgeschmolzene Glasur. Da die Brenntemperaturen ab diesem Schritt nur noch bis zu 900 °C betragen, eröffnet sich eine viel größere Farbpalette und schafft die größtmögliche künstlerische Freiheit in der Malerei. Wenn Goldfarben oder weitere Details hinzugefügt werden sollen, muss nach dem Einbrennen der ersten Aufglasurmalerei mitunter sogar noch ein zweiter Brand folgen. Damit hat das fertige Porzellanstück zum Schluss, wenn alle Arten der Porzellanmalerei genutzt wurden, bis zu fünfmal seinen Weg in die Flammen des Brennofens gefunden.

    Viele Dekore nutzen das gesamte Spektrum der Möglichkeiten der Porzellanmalerei. So werden diese in der Konzeptionsphase bis ins kleinste Detail geplant und Schicht für Schicht an den richtigen Stellen in verschiedenen Ebenen aufgetragen und gebrannt. Schließlich erblüht ein vielschichtiges Gesamtkunstwerk, das die ganze Pracht von über 300 Jahren Porzellanmalerei in sich vereint und die Sinne auf magische Weise verzaubert.